Aus Sicht von Oberbürgermeister Dr. Christoph Hammer hat es bereits vor der Einführung der LKW-Maut erhebliche Verkehrsprobleme entlang der Bundesstraße in Dinkelsbühl gegeben. So behauptet der Oberbürgermeister, ein vermeintlich autobahnähnlicher Ausbau der B2 und der B25 habe dazu geführt, dass Dinkelsbühl zu einem verkehrlichen Nadelöhr geworden sei. Für diesen, so Hammer, unerträglichen Zustand bestehe Handlungsbedarf.
In der “Dinkelsbühler Mitte” der B25 wurde im Jahr 2005 eine Verkehrsbelastung von 12.200 Kfz/24Std gemessen. Für einen Zählabschnitt im nördlichen Dinkelsbühl lag die Zahl bei 9.300 Kfz/24h.
Doch wie hoch ist der Durchgangsverkehr durch die Ortslage Dinkelsbühls wirklich?
Wenn Dr. Hammers Annahme stimmt, dass der Verkehr vom „autobahnähnlichen Ausbau” der B2 und B25 herrührt, müsste die Verkehrsbelastung auf der Bundesstraße B 25 südlich von Knittelsbach einen ähnlich hohen Wert wie in der Dinkelsbühler Ortslage haben. Laut der Verkehrsuntersuchung des Staatlichen Bauamts Ansbach liegt die Zahl 2005 jedoch bei 4.800 Kfz/24 Std und damit mehr als 60 Prozent niedriger als in der „Dinkelsbühler Mitte“.
Diese Vergleichswerte lassen den Schluß zu, dass die Belastung entlang der B25 im Stadtgebiet zu einem großen Teil auf den Ziel-, Quell- und Binnenverkehr Dinkelsbühls zurückzuführen ist. Eine Einschätzung, die bereits vor Jahren in der Untersuchung „Wege zur neuen Altstadt Dinkelsbühl III” geäußert wurde, in der es wörtlich heißt: “[…] Das lässt die Schlussfolgerung zu, dass in Dinkelsbühl der Ziel-, Quell- und Binnenverkehr der Stadt dominierend ist und der großräumige Durchgangsverkehr nur eine untergeordnete Rolle spielt. [...]“
(Quelle: Wege zur neuen Altstadt III, 2004 von Prof. Dr. Reichenbach-Klinke, Prof. Dr. Valentien und Prof. Dr. Lang, S. 106)
Und auch in der aktuellen Verkehrsuntersuchung zur B25-Ortsumgehung Dinkelsbühl des Staatlichen Bauamts Ansbach findet sich eine entsprechende Aussage: „[…] Der größte Teil der 9.300 Kfz/24h nördlich Dinkelsbühl ist Quell- und Zielverkehr (QZV) von Dinkelsbühl (5.600 Kfz/24h = 60 %). Von den 9.300 Kfz/24h durchfahren im Zuge der B 25 etwa 2.900 Kfz/24h die Ortslage Dinkelsbühl, um sich am Kreisel „Lohmühle“ zu gleichen Teilen auf die beiden Richtungen Ost (St 2218) und Südost (B 25) aufzuteilen. […]“
(Quelle: SSP-Consult, Verkehrsuntersuchung für das Staatliche Bauamt Ansbach, S. 5)
In der Diskussion zur geplanten Ortsumgehung darf also nicht vergessen werden, dass ein erheblicher Teil des Verkehrs der B 25 in der Ortslage Dinkelsbühls auf den Ziel-, Quell- und Binnenverkehr der Stadt zurückzuführen ist und nicht einfach als Durchgangsverkehr gewertet werden kann.
14 Antworten bis jetzt ↓
1 e.psc // Feb 13, 2009 at 00:23
Eigentlich hätte es allen Beteiligten seit langem klar sein müssen: Die geplante Osttrasse am Mutschachrand stößt auf erheblichen Widerstand. Bereits in den 1980er und 1990er Jahren gab es Versuche, an der Mutschach Bebauungsprojekte durchzusetzen, die bisher durch den engagierten Einsatz der Bürgerinnen und Bürger verhindert werden konnten. Nachdem durch diese Erfahrungen durchaus bekannt war, dass die Forderung nach Eingriffen und Baumaßnahmen entlang des Naherholungsgebietes ein äußerst emotionales Thema ist und die Bürgerschaft sich bereits in der Vergangenheit, über klassische Parteigrenzen hinweg, in Gegner und Befürworter spaltete, hätte die Stadt auf einen sensiblen Dialog und Diskussionsprozess zum Thema Ortsumfahrung setzen müssen. Es hätten weitere Lösungen gesucht und die Sorgen und Bedenken der Menschen offen angesprochen und akzeptiert werden müssen. Statt eines ehrlichen Dialogs wurden und werden aber nur Ängste geschürt („Dinkelsbühl erstickt im Verkehr“) oder wage Hoffnungen geweckt. („Dinkelsbühl erlebt einen wirtschaftlichen Aufschwung“). Übrig geblieben ist nun nur noch die Pseudo-Alternative zwischen „Wahllinie 2 Ostumfahrung“ oder „Null-Lösung“. Das Vorhaben gegen die Menschen – von oben herab – durchsetzen zu wollen, wäre aber ein fataler Fehler. Andere Kommunen beweisen, dass es sehr wohl geht, wenn die eigene Stadt eine wirklich sachlich und neutral abwägende Position einnimmt, die unterschiedlichen Interessen moderiert und die Sorgen und Anliegen ihrer Bürgerinnen und Bürger ernst nimmt. Diese ehrliche Vermittlerrolle entspricht dem Wahlslogan, den Dr. Hammer in seinem ersten Wahlkampf einst versprochen hatte: „sich um das kümmern, was den Menschen wichtig ist.“ Die Diskussion zur Ortsumgehung hätte dann aber ergebnisoffen sein müssen und dies war und ist wohl leider nicht mehr gewünscht.
2 Redaktion rettet-die-mutschach.de // Feb 13, 2009 at 00:56
Die Sendung “quer” des Bayerischen Fernsehens kann unter folgendem Link angesehen werden: http://www.br-online.de/bayerisches-fernsehen/quer/quer-lkw-b25-ID1234481395593.xml
3 g.h. // Feb 13, 2009 at 09:18
Die Verkehrsbelastung im Januar ist immer deutlich niedriger gegenüber anderen Monaten. Ich halte die Zahlen von Dr. Hammer, der LKW-Verkehr habe um über 30 Prozent abgenommen, für ein Lehrstück der Zahlendreherei. Allein der gesamte Kfz-Verkehr an der Dauerzählstelle in Fremdingen war im Januar 2008 auch dreißig Prozent(!!) niedriger als z.B. im Juli 2008. Und das alles ganz ohne irgendeine Mautsperrung. Also nicht nur irgendeine tolle Prozentzahl in die Welt setzen, sondern klar sagen, wie diese zustandgekommen ist. Wurden für die Behauptung “32 Prozent” überhaupt die gleichen Monate verglichen?
4 anonym // Feb 13, 2009 at 18:05
statt an der b25 in der luitpoldstraße steht das verkehrszählgerät derzeit an der kreuzung zwischen kienhainweg und karl-ries-straße. wird da jetzt auch mautausweichverkehr erwartet?
5 Waldi // Feb 13, 2009 at 19:24
Eine Presseerklärung von Frau Helga Koch (SPD)
“Deal B25″ Presseerklärung zum Bericht über die Bundesstraße 25
[Anmerkung Redaktion rettet-die-mutschach.de: Aus Gründen des Urheberschutzes ist es leider nicht möglich, den Wortlaut der Pressemeldung darzustellen. Sie finden den Text aber auf der Internetseite von Frau Koch unter: http://www.helga-koch.de/vorort.html]
6 Peter // Feb 13, 2009 at 20:33
zu Waldi:
1. Der Bund wird keine Umgehung bauen, wenn es die Stadt bzw. der Stadtrat mehrheitlich ablehnt.
2. Natürlich ist es nicht ausgeschlossen, dass die Sperrung für den Mautausweichverkehr durch Gerichtsbeschluss oder nach Fristablauf wieder aufgehoben wird. Insofern kann es leicht sein, dass man sich am Ende wohl zwischen Pest und Cholera entscheiden muss.
3. Ob und/oder wie nahe Politik grundsätzlich
am Menschen ist, kommt immer auf die Betrachtungsweise an.
7 Redaktion rettet-die-mutschach.de // Feb 13, 2009 at 20:41
@ Peter
zu “zwischen Pest und Cholera” erschien heute ein Kommentar von Gerhard Zitzmann: http://www.rettet-die-mutschach.de/?p=1011&cpage=1#comment-78
8 Peter // Feb 13, 2009 at 22:21
guter Beitrag von Herrn Zitzmann. Allerdings hängt seiner Meinung nach alles davon ab, ob der LKW-Transitverkehr langfristig von Dinkelsbühl ferngehalten werden kann. Ob das letztendlich zu bewerkstelligen ist, bleibt die große Unbekannte. Interessant zu wissen wäre jedoch, wie die Lösung aussieht, wenn das nicht erreicht werden kann.
9 Ein Freund // Feb 13, 2009 at 23:13
Eine gute Frage. Wäre die beantwortet, wären die Befürworter der Ost-Umfahrung wohl auch dagegen. Aber trifft die Frage bzw. deren befriedigende Beantwortung den Kern der Sache? Ich denke nein, weil wir dem Verkehr heute nicht länger Vorschub leisten dürfen, wenn wir morgen nicht wieder die gleiche Diskussion führen wollen.
Warum orientieren wir uns nicht am Beispiel anderer Länder in Europa? Die zwingen ihre LKW auf die Autobahn – ohne wenn und aber. Dafür muss man kämpfen. Wenn das LKW Problem kein Dinkelsbühler Problem ist, warum nicht z.B. den Städtetag nutzen bzw. Kontakte zu den betroffenen Gemeinden knüpfen und eine konzertierte Aktion in Berlin starten? Gemeinsam statt einsam – wenn das noch möglich ist – wäre hier die Devise.
10 e.psc // Feb 14, 2009 at 00:15
@ Peter
Wie der aktuelle Artikel ja beschreibt, ist der Durchgangs- und Transitverkehr mit 2.900 Kfz/24 Std bei insgesamt 9.300 Kfz/24 Std (nördl. Dinkelsbühl) nicht der Schwerpunkt der Verkehrssituation in der Dinkelsbühler Ortslage. Statt diesen Punkt genauer zu diskutieren, hört man nur die Angst-Zahl „84 Prozent“, die die Verkehrszunahme für die kommenden Jahre darstellen soll. Doch was steckt eigentlich hinter dieser Angabe? Die von Herrn Arndt, dem Leiter des Staatlichen Bauamtes, immer wieder, zuletzt bei der IHK-Veranstaltung, genannten 84 Prozent stammen aus der Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen für das Jahr 2025. Da geht man davon aus, dass die Verkehrsleistungen im deutschlandweiten Straßengüterfernverkehr von 367 Mrd. tkm. auf 676 Mrd. tkm. (“Tonnenkilometer”), also um jene „84 Prozent“, steigen werden. Die Angst-Zahl hat somit wenig mit der Verkehrssituation in Dinkelsbühl zu tun, da es sich um eine allgemeine, „deutschlandweite“ Prognoseaussage handelt. In den Unterlagen des Staatlichen Bauamtes finden sich für Dinkelsbühl schon konkretere Angaben: An einer der höchsten Belastungsstellen, etwa auf Höhe des Kinos, lag das tägliche Kfz-Aufkommen im Jahr 2005 bei 14.400 Fahrzeugen, davon 1.660 Lkw über 2,8t. Sollte keine Ortsumgehung kommen, würden im Jahr 2020 an der gleichen Stelle 15.600 Fahrzeuge inkl. 1.770 Lkw fahren. D.h. die eigenen Unterlagen(!) von Herrn Arndt prognostizieren eine Zunahme von 8,3 Prozent beim Kfz-Verkehr und 6,2 Prozent beim Lkw-Verkehr. Zwischen 84 Prozent und 8,3 Prozent gibt es aber, über das Komma hinaus, einen gewissen Unterschied, der in der Diskussion „wie die Lösung“ aussehen soll, nicht so leicht vergessen werden darf.
11 Robert G. // Feb 14, 2009 at 13:39
Zitat von der Dinkelsbühler-Internetseite zum Thema Sperrung der B25:
“Jedenfalls hier müsse der Mensch den wirtschaftlichen Interessen vorgehen.”
Aha, ist das auch bei der Ostumgehung der Fall ?? Müsste da der Mensch nicht auch vor den wirtschaftlichen Interessen stehen?? Tja Herr Hammer, dass nenne ich mal ein Eigentor…
12 Wolfgang H. // Feb 15, 2009 at 14:03
Schaut Euch doch mal an , was das Tegernseer Tal zur Sperrung des Transitverkehrs unternommen hat. Sicherlich sind die Leute dort in der Zwischenzeit deutlich entlastet.
13 G.L. // Feb 15, 2009 at 22:10
Zum Kommentar 9
Jetzt wachen auch die Würtenberger in Bopfingen/Aufhausen auf. Prima. Wir sollten ihnen schnellstens unsere Bereitschaft MIT ihnen zu kämpfen signalisieren.
14 Arbter, Thomas // Feb 15, 2009 at 23:23
Auszug aus der Pressemitteilung der Stadt DKB – besonders ist der letzte Satz zu beachten.
Deutlicher Rückgang des Schwerlastverkehrs auf der B 25:
Nach den Erfahrungen an der B 25 sollten die verantwortlichen Entscheidungsträger in den angrenzenden baden-württembergischen Kommunen nochmals überdenken, ob nicht auch für die dort von Lärm und Feinstaub geplagten Anwohner der Dinkelsbühler Weg der richtige wäre.
Oberbürgermeister Dr. Hammer nimmt Bezug auf die von Speditionsunternehmern angedrohte Klage gegen die Sperrung der B 25 und appelliert an deren Einsicht und Vernunft; er mahnt an, dass es auch der Anstand und die humanistische Wertschätzung gegenüber unseren leidgeplagten Bürgern geböten, zunächst die Erfahrungen der nächsten 12 Monate abzuwarten. Jedenfalls hier müsse der Mensch den wirtschaftlichen Interessen vorgehen.